Sehnsuchtsort
- Gedanken nach einer Reise -
"Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will." (1. Mose 12,1)
Traumhaft und geradezu unwirklich öffnet sich den staunenden Augen dieser wenig bekannte Strand im Süden Kretas am libyschen Meer.
Eine warme Meeresbrise umschmeichelt die Haut wie das leicht erfrischende Meerwasser in seinen zarten Blautönen.
Es kann nicht wahr sein, einen solch friedlichen Ort entdeckt zu haben weit abseits der beklemmenden Touristenströme. Darf ich hier sein? Darf ich dies wirklich genießen?
Ist dieser Ort nicht viel mehr den Postkarten und werbenden Präsentationen teurer Hotels vorbehalten?
Oder ist es nur dem kundigen Weltreisenden vergönnt, solche Orte und solche Augenblicke erleben zu dürfen?
Da gehen meine Gedanken auf die Suche nach Reisende in der Bibel, die wie ich unterwegs sind auf der Suche nach Sinn und Sehnsuchtsorten.
Zuerst denke ich da an den Urvater Abraham. Sein Vater Terach hat sich mit der Familie einst in Haran häuslich niedergelassen, einer Stadt in der heutigen Türkei.
Der Ruf Gottes bewegte ihn dazu, wirtschaftliche Sicherheit mit Haus und Hof zurückzulassen und gegen Zeltstangen einzutauschen.
"Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will." (1. Mose 12,1)
Seitdem reiste Abraham mit seiner Familie und dann seinen Nachkommen als Nomaden durch Kanaan immer auf der Suche nach einem neuen Sehnsuchtsort.
An anderen Stellen sind kritische Töne zu hören über das vermeintlich sichere Leben in einer Stadt. Man denke an Sodom und Gomorra, den Städten der Sünde und der Ferne von Gott.
Auch Niniveh hat einen Propheten auf den Plan gerufen, um die Bewohner zur Umkehr zu einem Leben im Glauben und in Nächstenliebe zu bewegen.
Dazu ist auch Babel zu nennen, eine Metropole mit Bewohnern voller architektonischer Selbstüberschätzung. Der antike Turm von Babel sollte bis zum Himmel reichen
und brach doch wie der Größenwahn der Erbauer in sich zusammen.
Wenn ich in das Neue Testament blicke, sehe ich den Apostel Paulus, der den halben Mittelmeerraum bereist und Gemeinden hinterlassen hat
und damit unzähligen Gläubigen zum Ziel ihrer Sehnsüchte geführt hat. Nicht zuletzt hat sich der Sohn Gottes, Jesus, aus der wirtschaftlichen Sicherheit seines Elternhauses losgesagt
und war Zeit seines Lebens auf Reisen gewesen, bis sein irdisches Leben sein Ende fand in der Hauptstadt Jerusalem am Kreuz von Golgatha.
Seine letzte Reise denn ging gen Himmel, dem höchsten aller Sehnsuchtsorte
Bei alledem erkenne ich kritische Töne über das städtische Leben trotz aller wirtschaftlicher Vorteile.
Ist das urbane Wohnen mit Lösungen aller Bedürfnisse in bequemer Reichweite der Schlüssel zum Glück?
Oder ist das Reisen, das Suchen und Finden, eine Lebensart, die Gott gefällt, auf sein Wort vertraut, zu Orten des Friedens führt und die Seele mit Glück erfüllt?
Tatsächlich ist es ein Erlebnis des Glaubens und eine Bestätigung des Vertrauens, Orte wie diesen an der Südküste Kretas zu finden und zu genießen.
Denn hier ist die Schöpfungskraft Gottes in Natur gegossen und von der menschlichen Seele als Ort des Friedens erkannt und wert geschätzt.
Denn wer das Geschenk zu schätzen weiß, ehrt damit den Schenkenden und verbindet sich mit ihm auf wunderbare Weise.
So mag dieser Sehnsuchtsort eine Anregung sein, sich auf den Weg zu machen um zu suchen und zu finden:
zu sich selbst und zu Gott zu finden, der mit vollen Händen zu beschenken weiß.
Ihr Martin Schulz
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